Geist und Leib

Fr 07.03.2025

Mt 9:14-15 Vom Fasten

Der Text

Jesus feiert mit Matthäus, Jüngern und Sündern die Berufung des Levi. Jünger des Wüstenpropheten Johannes fragen ihn daraufhin nach dem Fasten. Sie tun es, die Pharisäer tun es. Warum die Jünger Jesu nicht?

„Wie können die Hochzeitsgäste Leid tragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist?“

Leid tragen

Mein Herz hat Anteil an dem Leid um Schiri, Kfir und Ariel Bibas. Bis heute. Leid trage ich, wenn Leid zu tragen ist – nicht, wenn ich mit den Welpen „Kalle“ spiele (dem Hund unserer zweiten Tochter).

Leid ist Anteilnahme – kein eigener Wert.

Aber das Leid um die drei Erwürgten kommt über mich. Ich trage es, weil es mir gegeben ist. Zwar weiche ich ihm nicht aus, aber es kostet mich keinen geistigen Entschluss.

Fasten ist anders.

Doch zunächst:

Jesus ist doch da

Diese alte Frage ist immer wieder da. Ich habe Dich hier bei mir – ein Grund zur Freude.

Nun aber:

Du ordnest den Kairos in den Chronos ein. Die Vollständigkeit eines Lebens ist verteilt in einem Rhythmus. Zeiten des Leides im Ablauf des Kirchenjahres sind ein Gegenwärtigmachen des Leides in der Zeit, im Chronos.

Der Kairos bleibt so gültig, auch wenn er schon geschehen ist, gewesen ist.

Allgemein ist es nötig, Dingen ihren Ort zu lassen. Eine schwangere Frau erzählte mir gestern, sie wolle das Geschlecht ihres Kindes erst nach der Geburt erfahren.

Respekt. Nicht, was möglich ist, muss auch gemacht werden. Sondern was in der Ordnung ist, soll so geschehen. Es scheint eine Kleinigkeit – es ist aber ein Akt des Geistes – und davon haben wir nicht mehr so viele.

Kirchenjahr

„Was ich nicht verstehe, mache ich auch nicht.“

Ist das ein kluger, ein weiser Gedanke?

Das Kirchenjahr ist ein heiliges Ding – auch wenn ich noch im Eingangsbereich stehe und es erst langsam erkunde.

Das Heilige ist immer schon gegeben – ich aber muss zustimmen.

Der Philosoph Jörg Splett sprach oft davon, das etwas „dorthin“ gehört. Eine Wahrheit hat einen Ort.

Alle geistiges Akte bergen die Gefahr der Eitelkeit.

Davon sprach jemand in unser Männerrunde im Blick auf das Fasten.

So ist es.

Dennoch sind sie nötig, unbedingt nötig.

Das Einordnen eines geistigen Aktes in eine Ordnung kann helfen, mich als Antwortenden zu verstehen und nicht als Ursache.

Etwas Gutes zu tun und darüber glücklich zu sein, ist nicht das Problem. Das Problem ist erst da, wenn es zu einem Götzen wird, zu einem Götzen des Selbst.

Es wäre z. B. töricht auf Kinder zu verzichten, um möglichst demütig zu sein – und ebenso auf andere gute Werke.

Geist und Leib

Fasten lockert die Bande des Leibes, die den Geist sehr fesseln können.

So scheint Fasten die Freiheit zu vergrößern.

Scheint.

Denn die Freiheit ist vor dem Fasten, und sie ist immer da. Gott, der Allmächtige, garantiert mir meine Freiheit. Ich produziere sie nicht – ich benutze sie nur.

Fasten macht also nicht frei.

Aber wir sind leibliche Wesen und wenn ich die Freiheit nicht im Leib vollziehe, „verfällt“ sie. Zwar gibt es morgen neue – aber die Perle des Tages ist verloren.

Fasten in der Ordnung des Kirchenjahres ist Vollzug der Freiheit.

Fasten ist Annahme der Freiheit und verstärkt die Wirkung. Das heißt, sie dient dem Willen. Achtung: Ich definiere Wille als Werkzeug, nicht als Quelle.

Freiheit → Verstärker → Wille → Tat.

Andere Formen des Verstärkens gehören zum Komplex des Schweigens, den ich zuvor betrachtet habe. Ebenso das Thema Geduld.

Zentral und oft betrachtet, schließt sich die gehorsame Tat an. Sie ist ein Lob auf die Freiheit. Nicht der knechtische Gehorsam, sondern das Zustimmen zu der Wahrheit des Kairos, wie Gott ihn, den Kairos, immer und immer gibt.

Hinterlasse einen Kommentar