Der Heilige berührt die Welt

Sa 08.03.2025

Lk 5:27-32 Berufung des Levi

Der Text

Jesus beruft Levi und feiert in seinem Haus ein großes Gastmahl. Die Pharisäer murren – Jesus aber sagt: Ich bin nicht gekommen, um Gerechte, sondern um Sünder zur Umkehr zu rufen.

Bin ich ein Sünder?

Ein Sünder ist nicht einer, der etwas Falsches tut und es Sünde nennt. Ein Sünder ist jemand, der die Sünde tun will.

Tun will!

Wer würde sich denn in diesem Sinne als Sünder bezeichnen?

Jesus ruft Sünder zur Umkehr.

Das heißt, die Sünder – also ich – sollen umkehren.

Es ist nicht so, dass Jesus mir die Sünden vergibt – und ich dann glücklich weiterlebe.

In christlichen Kreisen ist viel von Vergebung die Rede – aber wenig von Umkehr.

Darum kann man die Christen auch kaum als solche erkennen – oft im Gegenteil. Menschen, die immer davon reden, dass ihnen vergeben wurde, wirken oft gerade nicht bußfertig und selbstkritisch. Von wunderbaren Einzelfällen abgesehen.

Wenn Jesus mich zur Umkehr ruft, scheint es, dass ich umkehren soll – und nicht umgekehrt werde. Jesus hebt mich nicht hoch, dreht mich um und setzt mich wieder ab. Ich selbst soll umkehren.

Dazu muss ich erst einmal eingestehen, dass ICH mit eigenem Willen und eigener Kraft auf dem falschen Weg bin.

Biografiearbeit

In der Therapie wird oft biografisch gearbeitet. Das Verhalten und die Probleme eines Menschen werden als Folge seines Lebensweges gesehen. Gerade gestern hörte ich von einem starken Mann, wie sehr er als Kind ungerecht behandelt wurde.

Und ja, das wird so sein und das prägt das ganze Leben. Es ist gut, darum zu weinen.

Nun aber: Nichts auf der Welt kann mich heilen als meine Antwort auf diese Geschichte. Meine Umkehr. Die Übernahme der Verantwortung. Das Einschlagen in die Hand Jesu.

Wie geschieht das?

Woran erkenne ich Sünde?

Die Sünde ist nicht das, was aus dem Opfer-sein kommt.

Sondern das was ich nun tue.

Bin ich dem anderen aufgrund meines Opfer-Seins ein Täter?

Die Sünde, als meine eigene, verantwortete Schuld, findet sich in dem, was ich nun dem anderen nicht tue.

Denn wenn ich nichts tue, gebe ich das Erbe des Bösen einfach an ihn weiter. Das ist natürlich, das ist Reflex, das ist Erbe.

Ich bin aber frei, dies ich-selbst zu sein. Nicht vom Reiz in die Reaktion zu gehen.

Nicht wie mir geschehen, so „muss“ ich nun auch anderen.

Sondern „ich aber will barmherzig sein – und zwar trotz allem, was mich an Ungerechtigkeit triggert“.

Ich fordere nicht, sondern ich wende mich von dem Automatismus ab und handle als freier Mensch in eigener Würde und Verantwortung.

Gott grollt nicht mehr

Gott vergibt mir nicht die Schuld, die ich an anderen habe.

Aber: sobald ich Ihn bitte, die Schuld die ich an Ihm habe.

Daraus wächst nun meine eigentliche Schuld: Ich kann nun, als jemand, dem Barmherzigkeit widerfahren ist, barmherzig sein.

Ich kann die gefühlte Ungerechtigkeit als jemand erwidern, dem vergeben wurde. Ich habe „Ungerechtigkeit’’ von Gott erfahren, denn es wäre gerecht mich zu richten.

Warum soll ich nun „gerecht“ mit dem anderen umgehen – und nicht barmherzig, wie es mir geschah!

Dies nicht zu tun, ist eigentliche Schuld.

Diese Schuld korrespondiert direkt mit meiner Würde. Nur der, der umkehren kann, es aber nicht will ist schuldig.

So war mir mein Verhalten aus dem Erbe der Schuld anderer eigentlich keine Schuld – aber das Ablehnen der Möglichkeit, umzukehren, ist mir brennende Schuld.

Konkret

Mir scheint, es drückt sich besonders darin aus, wie ich mit Schuldigen umgehe. Mit Menschen, deren schlechter Charakter sie unappetitlich macht und ich zunächst zurückschrecke. Ich möchte mich nicht damit beschmutzen.

Nun aber: Du bist auf mich zugegangen in all meinem Schmutz und tust es noch heute. Ich bin nicht heilig, wie ich es sein sollte. Du aber umarmst mich, als wäre ich es.

So will ich mich umwenden zum Anderen, zum schwierigen, zum unsympathischen Menschen. Nicht nur die suchen, die ich auf Anhieb mag.

Darin werde ich Dir ähnlich – nicht in meiner eigenen Heiligung.

Sondern in der Begegnung mit dem unheiligen anderen.

Ich kann es, so sagt es Jesus. Es ist nur eine Umkehr.

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