So, 27.04.2025, Barmherzigkeitssonntag
Joh 20:19-31 Vollmacht der Jünger und Thomas
Der Text
Am Abend dieses ersten Tages erscheint Jesus den Jüngern. Zweimal sagt Er ihnen Frieden zu. Er sendet die Jünger in der Weise, in der Er vom Vater gesandt wurde. Und er gibt ihnen Vollmacht, Sünden zu vergeben und zu behalten.
In dem Textabschnitt geht es danach um den Thomas, der nicht dabei ist. Jesus wird ihm sagen: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
Schmerzhafte Spaltung
Die sakramentale Vergebung der Sünden ist geweihten Priestern vorbehalten. Katholischen und orthodoxen – nicht den evangelischen.
Schon lange ist dies für mich als Seelsorger eine große Not. Ich lebe mehr in der evangelischen Welt als in der katholischen. Ich kann Menschen so kaum zu einer Beichte schicken.
Und ich finde keinen Ausweg. Was ich auch denke und forsche und frage.
Zwar kann Gott jedem Menschen alle Sünde vergeben, und ein Bekenntnis der Sünde hat Bedeutung und Kraft.
Es ist aber keine sakramentale Vergebung möglich – ach.
Ich habe keine Antwort – und ich möchte keinen billigen Trost.
Selig sind, die nicht sehen und doch glauben
Der Zweifel des Thomas hat nichts Positives, wenn auch viele das immer wieder sagen. Jesus kritisiert ihn. Ich habe das schon oft beschrieben.
Aber auch der Zweifel der anderen Jünger wurde von Jesus scharf kritisiert – wie gestern beschrieben.
Dennoch gibt Jesus ihnen Vollmacht. Und Er sendet sie aus, wie Er selbst vom Vater ausgesandt wurde.
Die Jünger sind nicht fertig – aber sie sind nun dennoch in Verantwortung.
Vierzig Jahre hat Gott Israel in der Wüste erzogen und zu Seinem Volk geformt.
Nun überschreiten sie den Jordan.
Das scheint mir die Parallele zu diesem Text. Die Apostel überschreiten den Jordan und Jesus geht zum Vater – wie Mose, der große Führer, zum Vater gegangen ist.
Im gelobten Land aber, ist nichts einfach.
Zwar gibt es frühe Erfolge (Jericho damals, 5.000 Bekehrungen hier schon nach kurzer Zeit). Dann aber gibt es erneut Schuld und Niederlagen.
Und es gibt Saul. Ein Mann, an dem mit Schmerz die mögliche Verwerfung Gottes sichtbar wird.
Apostel und einfache Christen – sie können abfallen vom lebendigen Gott.
Die Spielregeln sind nicht einfach so, wie sie mir und uns vielleicht gefallen würden. Sie sind, wie sie sind. Gott ist Gott – nicht mein Bild und meine Proklamation von Gott.
In dem Film House of David geht es eine lange, schmerzhafte Zeit um die Verwerfung Sauls. Saul sucht die Buße – aber sie wird ihm nicht gewährt.
Mir scheint, die Konsequenz meiner Entscheidungen ist viel größer, als es mir gefällt. Zum Guten und zum Schlechten.
Es ist wie ein Symbol: 68 Jahre lässiges Essen wurde mir vergeben – bis zu dem Tag an dem der Durchfluss der Koronararterien zwischen 80 und 99 % reduziert war.
Wenn es bei Sünde auch um viel Größeres geht – so ist dies doch ein lauter Schrei:
Lässigkeit hat Konsequenzen.
Die Unerbittlichkeit der Diagnose ist wie eine Ohrfeige – oder noch mehr.
Heilige Apostel
Auch für Heilige Apostel gibt es keinen ruhigen, neutralen Ort.
Obwohl schon im Dienst, oder vielleicht gerade deshalb: Dein Kleinglaube, ja dein „Nicht-Glaube“ hat Konsequenzen.
Und das Beste was passieren kann, ist der öffentliche, scharfe Tadel – siehe gestern.
Denn es gibt zwei Ausgänge:
Scharfe Prüfung und Kritik (Petrus, Thomas) – oder der Weg des Saul, der Weg des Judas.
Nicht wie es mir gefällt – Du bist Gott.
Die Barmherzigkeit grenzt an die Würde des Menschen. Sie zu überschreiten, würde alles aufheben.