Annahme und Liebe

Mo, 23.06.2025 💐 Michaela

Mt 7:1-5 Vom Richtgeist

Der Text

  1. Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.
  2. Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.
  3. Warum aber siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, den Balken aber in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht?
  4. Oder wie wirst du zu deinem Bruder sagen: „Lass mich den Splitter aus deinem Auge ziehen“, und siehe, der Balken ist in deinem Auge?
  5. Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann wirst du klar sehen, um den Splitter aus dem Auge deines Bruders zu ziehen.

Es gibt einen ausführlichen Begleittext, Annahme und Liebe. Dort lege ich dar, warum Selbstliebe ein Irrweg ist.

Nicht moralisch gemeint

Es hat etwas mit Wahrheit und Wirksamkeit zu tun – nicht mit Ethik und Moral.

Etwa in dem Sinn, kehre erst mal vor deiner eigenen Tür, dann erst hast du ein Recht, als nun moralisch besserer Mensch, andere auf Dinge hinzuweisen.

Es geht nicht um Hierarchie.

Wie schnell denke ich, etwas sagen zu können und auf der richtigen Seite zu stehen.

Z. B. ganz konkret in Blick auf Israel.

Es scheint mir klar, dass Israel im Wesentlichen recht hat und die linken und muslimischen Kritiker nicht.

Mir scheint auch klar, dass ich als ruhig und freundlich sprechender eher richtig liege, als mein schreiender und beleidigender „Gesprächspartner“ (eigentlich nur: mein Gegenüber).

Aber in meinem eigenen Begleittext steht es anders –

Vor Gott bin ich nicht richtig, wenn ich recht habe – sondern wenn ich ein Liebender bin.

Nicht ein emotional, schwärmerisch Liebender – sondern:

Der Kampf ums Sein

Genauer: der berechtigte Kampf ums Sein.

Nicht nur ums Da-Sein, sondern: zu Recht zu existieren.

Es ging meinem Gegenüber vermutlich weniger um die Sache. Sondern darum, dass es gut ist, dass es ihn gibt. Z. B. weil er für die rechte Sache streitet.

Das heißt, wenn ich mit ihm um die Sache streite, ist es ein Streit um seine Existenzberechtigung (aus seiner Sicht).

Menschen hängen ihr Sein sehr schnell an die merkwürdigsten Dinge.

Ich bin, weil … ich denke, sagt Descartes.

Ich bin, weil ich fühle – sagen viele junge Menschen.

Ich bin, weil ich individuell bin (ein ganz irriger Gedanke).

Ich bin, weil ich Opfer bin (sagen viele starke Männer im Blick auf ihre Frau).

Ich bin, weil ich körperlich präsent bin, oder weil ich finanzielle Macht habe.

Ich bin, weil ich tolle Gedanken habe und gute Andachten schreibe …?

Oder: Bis ich weiß, warum ich bin, nehme ich Lust als Ersatz, als Betäubung. Essen, Feiern, Spielen, Alkohol …

Wer garantiert mir mein Sein?

Denn: erstaunlicherweise kann nichts von dem meine tiefe Sehnsucht zu Recht zu sein, so stillen, dass ich nicht immer noch Hunger habe.

Ich bin, weil ich geliebt bin?

Ist das die Antwort?

Bei vielen Christen höre ich das.

Aber ist da nicht ein leises Kopfschütteln: Was liebt denn Gott an mir?

Seiner eigenen Hände Werk?

Dann wäre Er auch nur einer, der sich selbst liebt (eben in Seinem Werk).

Wenn ein Auto auf dem Parkplatz steht und sich fragt, ob es ist und wozu es ist, findet es vielleicht keine Antwort.

Selbst wenn es lustvoll den Motor aufheulen lässt – wozu?

Es ist ein hinkender Vergleich – aber etwas erkenne ich daran, so scheint mir.

Es ist der Vollzug, um den es geht. Nicht die Erkenntnis.

Tue dies und du wirst leben.

(Lk 10:28).

Nicht: Das ist das Leben – sondern es vollzieht das Leben.

Oder: Es führt dich ins Leben.

Nicht das Da-Sein liebt Gott an mir, sondern dass ich vollziehe, was mein Sein ist.

Und was das ist, steht im Begleittext.

Im Tun erkenne ich es.

Im Tun finde ich die Befriedigung, den Frieden, den mir alles Erkennen nicht geben kann.

Wir sind lebendige Wesen – nicht erkennende allein.

Praxis

Es geht also nicht darum, den Israel-Hasser zu bekehren.

Es geht darum, das Reich Gottes in mir und der Welt zu vollziehen.

Und dem anderen Raum zu lassen, ja zu schaffen, seinen eigenen Wert zu vollziehen.

Diesen Raum bekommt er, indem ich tue, was ich beschrieben habe.

(Es ist letztlich die Trinität, um die es geht).

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