Ist Gott so lieb wie wir heute denken?

Do 21.08.2025

Mt 22,1–14 Die königliche Hochzeit

Der Text

Aus dem griechischen Urtext übersetzt.

1 Und Jesus antwortete und sprach wieder in Gleichnissen zu ihnen:

2 Das Himmelreich gleicht einem König, der für seinen Sohn ein Hochzeitsfest veranstaltete.

3 Und er sandte seine Knechte, die Geladenen zur Hochzeit zu rufen, doch sie wollten nicht kommen.

4 Wieder sandte er andere Knechte und sprach: Sagt den Geladenen: Siehe, mein Mahl habe ich bereitet, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, und alles ist bereit; kommt zur Hochzeit!

5 Sie aber kümmerten sich nicht darum und gingen weg – der eine auf seinen Acker, der andere zu seinem Geschäft.

6 Die Übrigen aber ergriffen seine Knechte, misshandelten sie und töteten sie.

7 Da wurde der König zornig, und er schickte seine Heere, brachte jene Mörder um und steckte ihre Stadt in Brand.

8 Dann sagte er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit, aber die Geladenen waren nicht würdig.

9 Darum geht hinaus an die Straßenkreuzungen, und ladet zur Hochzeit ein, wen immer ihr findet.

10 Und jene Knechte gingen hinaus auf die Wege und sammelten alle, die sie fanden, Böse wie Gute; und der Hochzeitssaal füllte sich mit Gästen.

11 Als aber der König hereinkam, um die Gäste zu sehen, bemerkte er dort einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte.

12 Und er spricht zu ihm: Freund, wie bist du hereingekommen ohne ein Hochzeitsgewand? Er aber verstummte.

13 Da sprach der König zu den Dienern: Bindet ihm Füße und Hände, und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird das Weinen und Zähneknirschen sein.

14 Denn viele sind gerufen, wenige aber auserwählt.

Anmerkung zur Peschitta (syrisch-aramäisch):

• In Vers 3 steht „sie wollten nicht kommen“ als „sie waren nicht willig“ – betont also die innere Haltung, nicht nur die Tat.

• In Vers 12 heißt „Freund“ im Syrischen „ḥabīrā“ – eher „Gefährte, Kamerad“, mit einem leicht distanzierten Ton.

• Das Bild „äußerste Finsternis“ (ܚܶܫܽܘܟܳܐ ܒܳܪܳܐ) betont nicht nur Dunkelheit, sondern auch Abgeschiedenheit, „draußen“ vom Fest.

Antisemitisch?

Es ist leicht, den Text antisemitisch, besser: antijudaisch zu deuten. Seit der frühen Kirche von Heiligen wie Origenes, Chryosotomus, Augustinus – bis in die Neuzeit.

Der Jude Matthäus hat ihn geschrieben. Und sehr selbstkritisch war auch diese Kritik an seinem eigenen Volk mit enthalten. Matthäus darf selbstkritisch sein – aus unserem Mund ist es pharisäisch herablassend. Ja, ein Missbrauch der Gnade. Ich gehe weiter: Es verspielt die Gnade wieder, die gerade empfangen wurde.

Wer glaubt, die Gnade gilt nur ihm, irrt sehr – und wird hinausgeworfen in die äußerste Finsternis.

Sollte ich nicht zittern, wenn selbst dem für immer auserwählten Volk solches geschehen kann?

Andere Zeiten

Zur Zeit des Matthäus war die junge Gemeinde ganz anders als heute. Mit Eifer trachtete sie nach der Heiligung, sie waren allezeit in Gefahr, Haus, Hof und Gut für ihren Glauben zu verlieren. Sie wurde verfolgt und zerstreut. Viele geschlagen, entehrt, gefoltert und getötet.

Darum ist es eine Ausnahme gewesen, dass einer nicht das Gewand der Heiligung an sich trug.

Heute klingt der zweite Teil der Geschichte so:

„Als aber der König heimkam, um die Gäste zu sehen, fand er sie nicht in Hochzeitskleidern vor. Sie waren so, wie sie von der Straße hereingekommen sind, und lachten lässig.

Er fand einen unter ihnen, der sich geheiligt hatte – alle anderen aber ließ er von seinen Dienern binden und hinauswerfen.

Und sie werden heulen und jammern, denn sie dachten, der König wäre allezeit gnädig und liebe sie so, wie sie sind.“

Gott kann freundlich sein

Das muss Er aber nicht. Denn Er ist heilig und alle Wesen in Seiner Nähe sind heilig und beten Ihn an.

Wer nicht, ist nicht lange in Seiner Nähe.

Ohne die Heiligung wird niemand Gott schauen, auch wenn sie an einen liebenden, gnädigen Gott glauben.

Gott und die Juden

Direkt in der Nähe Gottes werden die Juden sitzen. Vielleicht Jakobus und Johannes.

Dieses Volk wird aufs Äußerste geprüft und geläutert, wie kein Volk jemals.

Seit Jahrtausenden.

Nicht weil sie falsch sind – sondern weil sie auserwählt sind.

Wer also hofft, in einem gewissen Maß auserwählt zu sein, wundere sich nicht über die glühende Heiligung durch Leid. Auch wenn ich glaube, kein Volk muss so viel leiden wie Israel, denn kein Volk ist in dem Maß auserwählt, wird Leid eine Notwendigkeit sein. Vielleicht sichtbar an den Christen in der muslimischen Welt.

Völkermord wegen ihres christlichen Glaubens gibt es z. B. bei den Armeniern (1,5 Mill. Tote), bei den Aramäern/Assyrern, den pontische Griechen (> 300.000 Tote) und schwere Verfolgungen bei den Kopten, den Christen in Nigeria, Sudan, Pakistan, Nordkorea, China, Indien u.v.m. Siehe Weltverfolgungsindex von Open Doors.

Weltverfolgungsindex

Allein im April 2025 sind mehr als 20.000 bestätigte tote Christen im Sudan gemeldet.

Bedingungslos

ist nur die Einladung. Aber nicht die Teilnahme am Fest.

Alles wird dem Menschen gegeben, auch das Hochzeitskleid.

Aber vorher muss er sich alles nehmen lassen, was ihn von Gott trennt.

Gottesfurcht wächst mit der Gottesnähe. Denn ich sehe täglich mehr Seine Heiligkeit.

Die Gottesfurcht fürchtet nicht so sehr, nicht würdig zu sein. Sie fürchtet, Gott nicht genug zu ehren, in dem Habitus des Straßenmenschen.

Wie werden all die dastehen, die die billige Gnade gepredigt haben?

Gnade kostet das Leben – nicht weniger.

Nur, dass die Gnade zuerst kommt. Erst in der Erkenntnis der Gnade kann der Mensch sein Leben geben – dann muss er es aber auch.

Es klingt vielleicht hart – aber nur die Lebenden lesen und hören es.

Die, auf die die Garderobe noch wartet und die noch frei sind, Gott ganz zu vertrauen.

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