Löst das Neue das Alte ab?

Fr 05.09.2025

Lk 5:33-39 Vom Fasten und von neuen Schläuchen.

Der Text

Aus dem griechischen Urtext.

33 Sie aber sagten zu Ihm: Warum fasten die Jünger des Johannes oft und verrichten Gebete, ebenso auch die der Pharisäer, Deine aber essen und trinken?

34 Jesus aber sprach zu ihnen: Könnt ihr die Hochzeitsgäste fasten lassen, solange der Bräutigam bei ihnen ist?

35 Es werden aber Tage kommen, und wenn der Bräutigam von ihnen genommen wird, dann werden sie in jenen Tagen fasten.

36 Er sprach aber auch ein Gleichnis zu ihnen: Niemand reißt einen Flicken von einem neuen Kleid und setzt ihn auf ein altes Kleid; sonst wird er sowohl das neue zerreißen, als auch zu dem alten passt der Flicken vom neuen nicht.

37 Und niemand füllt jungen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der junge Wein die Schläuche und er wird verschüttet, und die Schläuche verderben.

38 Sondern jungen Wein soll man in neue Schläuche füllen, und beide werden erhalten.

39 Und niemand, der alten getrunken hat, will sogleich den jungen; denn er sagt: Der alte ist besser.

In der Peschitta steht (ṭāb hu ʿatiqā) – „gut ist der alte“. Der syrische Text lässt die Nuance „besser“ eher als „gut“ stehen, also mehr eine Begründung: „Der alte ist gut“, nicht unbedingt ein Vergleich wie im Griechischen.

Was ist neu?

Zuerst eine Betrachtung:

Selbst in Israel hatte sich manches neu entwickelt. So ist der Synagogengottesdienst nicht biblisch – er wurde eine Notwendigkeit, als der erste Tempel zerstört wurde.

Auch die Schriftgelehrten und später die Pharisäer sind neue Erscheinungen – zuvor gab es die Leviten und die Priester. Pharisäer waren eine Laienbewegung, die die Heiligkeit in den Alltag bringen wollte – als Praxis, nicht nur im Tempel.

Ein neuer Wein in neuem Schlauch entwertet den alten nicht. Der alte wird „gut“ genannt. Und die Menschen bevorzugen ihn, weil sie mit ihm vertraut sind.

Neu ist auch nicht, dass es um Wein geht.

Aber:

Es gibt aber eine große Spannung zwischen Respekt vor dem Alten und dem Anspruch des Neuen.

Wann ist Neues nicht Zerstörung des Alten, sondern Entfaltung des Alten?

Beispiel: Was an der Prozesstheolgie eine Entfaltung und was ist eine Beschädigung?

Welches Neue fordert von mir seine Anerkennung?

Wie unterscheide ich Diabolos (Durcheinanderbringen) von Selbstoffenbarung Gottes in der Zeit und in der Geschichte?

Indizien

Vereinfacht es?

Macht es mir den Weg bequemer? Oder erhöht es den Anspruch, weil es auf gewachsenem aufbaut. Wer junger Christ ist, erhält einfache Aufgaben, ein reiferer Christ schwerere. Wachsen die Aufgaben nicht, ist es ein Indiz, vom Kindlichen ins Kindische zu rutschen.

Ehrt es Gott?

Manchmal schwer zu erkennen.

Gott ist Liebe und so ehrt es Gott, wenn es weniger um mich geht, um meine Erkenntnis zum Beispiel.

Gott offenbart sich dem Gehorsamen, weil der Gehorsame ein Liebender ist.

Fördert es den Glauben?

Der Glaube ist nicht statisch. Wenn mein Glaube heute so ist wie gestern, ist er in Gefahr, zu einem erstarrten Glauben zu werden. Glaube wagt heute mehr Vertrauen in Gott als gestern – sonst verkümmert er.

Zu glauben, dass Gott als Mensch auf die Welt kommt, verlangt sehr viel vom Glauben.

Ist es Erkenntnis allein

Erkenntnis kann in die Irre führen. Siehe den Baum der Erkenntnis.

Hören auf Gott ist nicht dasselbe. Es hat immer mit mir selbst zu tun. Es ist immer eine Anfrage an mich. Nie eine Abkürzung.

Schreibt Gott weiter?

Zur Zeit Jesu hatte es über 400 Jahre keine neue, anerkannte Prophetie in Israel mehr gegeben. Es ist die „schweigende Zeit“ gewesen.

Darum war es naheliegend, auf die Schriftgelehrten zu hören.

Aber Gott ist ein sich selbst offenbarender Gott.

Und Gott hat zumindest 1948 nicht mehr geschwiegen. In der Staatsgründung Israels schreibt Gott erneut Geschichte – deutlicher als jemals seit der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 durch Titus.

Israel gering zu achten und seine Würde und Existenz leichtfertig von außen zu betrachten ruft das Gericht auf uns herab. Auf die Kirche und auf die Völker.

Es ist besser, bei Nacht zu Israel zu kommen und Gott um Weisheit im Umgang mit diesem heiligen Volk zu bitten (Nikodemus).

Denn am Tag müssen wir für Israel einstehen – und dieser Tag scheint mir nahe: Er ist heute.

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