Arm im Geist

Sa 01.11.2025 Allerheiligen

Mt 5:1-12a Die Seligpreisungen

Der Text

Aus dem griechischen Urtext:

Als Er aber die Volksmengen sah, stieg Er auf den Berg; und als Er sich gesetzt hatte, traten Seine Jünger zu Ihm.

Und Er öffnete Seinen Mund, lehrte sie und sprach:

Selig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.

Selig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben.

Selig die Hungernden und Dürstenden nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden.

Selig die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

Selig die Reinen im Herzen, denn sie werden Gott schauen.

Selig die Friedensstifter, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.

Selig die um der Gerechtigkeit willen Verfolgten, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Selig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und alles Böse lügnerisch gegen euch reden um Meinetwillen.

Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln.

Sprachliche Klärung

Selig, oder glückselig heißt auf Hebräisch אַשְׁרֵי (ʾaschré). Mit der Bedeutung: Wohl sein vor Gott. Es ist kein äußeres Glück. Vergleiche z. B. Psalm 1:1: Wohl dem Mann, der nicht sitzt, …

Auch das griechische makarios meint die Anteilnahme am Leben Gottes.

Arm im Geist heißt nicht wenig Geist, sondern arm in der Sphäre des Geistes.

Arm an eigenem geistig Sein.

Auf Hebräisch heißt es עֲנִיִּים (ʿaniyyím). Grundbedeutung ist: Beantworten, sich beugen, sich demütigen.

Also leer werden für Gott. Empfänglich werden.

Arm an sich selbst, reich an Gott.

Will ich Gott?

Gott ist ein anderer als ich.

Wenn ich in meinem Geist bin, kenne ich Gott nicht.

Alle Gedanken und Gefühle sind meine – nicht Gottes.

Ob ich Gott also will, merke ich erst, wenn ich wage Ihn in meinen Geist zu lassen.

Ihn – den ganz anderen.

Es ist also nicht so, dass der Mensch Gott kennt und nun gehorsam leben soll.

Dass es eine Konkurrenz gibt zwischen meinem Willen und Gottes Willen.

Sondern: ich kenne Gott nicht.

Ihn kennenzulernen ist mehr ein Wagnis denn eine Anstrengung.

Leer werden

Versuche ich, meinen Geist von mir zu leeren, ist es wie das Leeren eines Teiches mit einem Schöpfgefäß. Das Wasser wird nicht weniger, denn es gibt eine Verbindung zum Grundwasser und von dort kommt immer Wasser nach.

Was soll ich also tun.

Ich sage: Schöpfe weiter. Schöpfe leidenschaftlich. Schöpfe mit Ausdauer und Geduld.

Denn Du, Vater, schaust mich an und siehst mich schöpfen.

Siehst, dass ich mich leeren will, um Dich zu empfangen.

Eines Tages erbarmst Du Dich und senkst etwas von Deinem Geist in meinen Geist und ich erkenne: Gott.

Der immer andere Gott.

Zunächst auch: furchtbar anders. Erschreckend anders.

Fremd – und doch auch vertraut.

Etwas berührend, das ich vorher nicht von mir wusste, nicht in mir kannte.

Wie jemand, der nie berührt wurde und nun Berührung erfährt. Und erkennt, dass er es spüren kann, erkennen kann. Dass es Haut gibt.

Berührt

Gestern habe ich Marie l’Incarnation gelesen. In diesem Geist habe ich dann den Sabbat vorbereitet. Aufräumen und Saubermachen. Bereiten.

Um 16:31 habe ich zwei Sabbatkerzen entzündet und wollte sprechen:

„Gepriesen bist du, HERR, Schöpfer des Lichtes und Geber der Ruhe.“

Aber ich kam nur bis zur Hälfte.

Ein in dieser Weise unbekanntes Bewusstsein einer Zugehörigkeit und Stimmigkeit erfüllte mich, ja überwältigte mich.

Ich deute es nicht, ich staune nur.

Denn Staunen ist vielleicht die beste Beschreibung in der Begegnung mit Gott.

Es ist ein Erleben, das keinen Kater zurücklässt. Sondern eine Art innerer Erweiterung. Eine Klarheit, Gott zu wollen.

Es ist eine Art Freude an der Schönheit Gottes.

Ein ganz zweckfreies Wollen Gottes um Seiner selbst willen.

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