Do 18.12.2025
Mt 1:18-24 Josefs Traum
Der Text
Aus dem griechischen Urtext übersetzt:
18 Die Geburt Jesu Christi aber geschah so: Als Seine Mutter Maria dem Josef verlobt war, fand es sich, noch bevor sie zusammengekommen waren, dass sie schwanger war aus dem Heiligen Geist.
19 Josef aber, ihr Mann, war gerecht und wollte sie nicht bloßstellen; er beschloss, sie heimlich zu entlassen.
20 Als er dies aber überlegte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn das in ihr Gezeugte ist aus dem Heiligen Geist.
21 Sie wird aber einen Sohn gebären, und du sollst Seinen Namen Jesus nennen; denn Er wird Sein Volk retten von ihren Sünden.
22 Dies alles aber ist geschehen, damit erfüllt werde, was vom Herrn durch den Propheten gesagt ist:
23 Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und sie werden Seinen Namen Immanuel nennen, was übersetzt heißt: Gott mit uns.
24 Als Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.
Hinweise aus der Peschitta (Syrisch-Aramäisch):
– „aus dem Heiligen Geist“: aramäisch klar als göttlicher Ursprung markiert, ohne biologische Spezifikation.
– „gerecht“: צַדִּיקָא (ṣaddiqā) – gerecht im Sinn von treu, gesetzesgebunden und barmherzig zugleich.
– „Immanuel“: aramäisch als Namensaussage mit gegenwärtiger Wirklichkeit – Gott ist wirklich mit uns, nicht nur verheißen.
Wie träume ich?
Ich erinnere mich nicht, je in einem Traum Worte gehört zu haben.
Aber ich erinnere mich, gewusst zu haben, was sonst nur durch Wort übermittelt wird.
Eine Sprache ohne Worte.
Und sonst?
Ich spüre die Botschaft von Worten viel eher, viel mehr und viel genauer, als ich das Wort selbst erkenne.
Die Worte beinhalten die Botschaft und die Botschaft ist im Wort. Als Geschehen, nicht griechisch abstrakt. Darum erkenne ich in der Wahrnehmung des Geschehens, der Wirklichkeit, den Namen.
Das hebräische „dābār“ דָּבָר ist nicht das griechische λόγος im abstrakten Sinn.
Sprache
Ich tue mich schwer, Hebräisch zu lernen.
Und ich vermute, es hat viel damit zu tun, dass ich die Worte ohne Bezug zu dem erlebe, was sie sagen wollen.
Beispiel:
Wenn sich jemand verabschiedet und sagt dazu אֲנִי חוֹזֵר מִיָּד (ani choser mijad), dann sehe ich vielleicht etwas Bestimmtes in seinen Augen und spüre eine Freude in meinem Herzen. Denn er hat gesagt: „Ich komme gleich wieder“.
Und wenn ich die Worte bisher nicht kannte verbinden sie sich nun mit dem Erleben, mit dem Fühlen.
Josef erkennt Gott
Dass diese Worte vom Engel Gottes kommen – ich gehe davon aus, das wusste Josef. Er wusste es, weil diese Art zu sprechen, Gottes Art ist.
Weil Josef ein Leben des Gehorsams geführt hat und darin steckt das Wort ‚Hören‘.
Nicht so sehr akustisches Hören. Sondern die Botschaft schon wissen, bevor sie gesprochen wurde.
So wie ich es versuche, bei meiner Frau zu lernen.
Von den Lippen ablesen, schon bevor sie sich bewegt haben.
Aus dem Leben im Gehorsam erwächst die Fähigkeit, die Stimme Gottes wie selbstverständlich zu hören.
Furcht
So wie schon Maria, ist auch bei Josef nicht die Rede davon, dass er den Engel fürchtet. Dieser sagt nicht: Fürchte dich nicht vor mir. Er sagt: Fürchte dich nicht, Maria zu dir zu nehmen.
Denn Josef fürchtet nicht die Aufdeckung der Sünde, so wie ich es wohl im Angesicht des Engels tun würde.
Josef fürchtet die Sünde selbst.
Was hört Josef
Zunächst: Er ist gemeint. Denn er kennt seinen Stammbaum, er ist Sohn Davids. Nicht einfach biologisch, sondern in der Tradition des Herzens Davids. Siehe die Bedeutung des Genealogie (Andacht von gestern).
Und dann erkennt er die Antwort auf seine Gedanken. Diese Gedanken waren im Raum Gottes. Sie waren fürsorgliche Gedanken für Maria, denn er wollte ihre Ehre schützen.
Der Raum für die weitere Botschaft Jesu wird durch die Vertrautheit Josefs mit der Schrift bereitet. Josef kennt all die Verheißung und die Weise, wie Gott redet. Er ist vertraut mit den Propheten (Nebi’im), denn diese werden zitiert. Und mit der Tora und den Schriften (Ketubim), das ist der Boden.
Der Engel redet, indem er Erinnerung weckt. Er sagt nicht Neues – die Prophetie ist abgeschlossen. Er redet von Erfüllung.
Der Engel Gottes redet nichts ohne die Schrift (die drei oben genannten Schriften).
Josef braucht keine Worte hören, es reicht, die Aufmerksamkeit auf etwas zu richten, was er schon kennt.
Und: Josef soll dem Messias dessen Namen geben.
So wie Menschen die Schöpfung benennen sollten, so beteiligt Gott den Menschen an der Benennung des Messias. Denn der Name ist der Inhalt selbst.
Praxis
Nur der Gehorsame hört.
Und der Gehorsame allein ist als Glaubender zu erkennen.
Was vom Glauben gesagt wird, ist eigentlich vom Gehorsam gesagt.
Der Gehorsam, der von Gottes Augen abliest, was in Seinem Herzen ist.
Weil er sehr gern gehorsam ist.
Wo rebelliere ich immer noch gegen diesen köstlichen Gott?
Diesen Gott, der auf mich wartet, um Hand in Hand mit mir zu gehen?
Das מִיָּד „mijad“ aus dem kleinen Text vorhin heißt: sofort, gleich, unmittelbar, aus der Nähe heraus. Denn es steckt das Word Hand (jad) darin. Mi ist die Präposition des von / aus.
Also wörtlich: von der Hand her. Ohne Zwischenraum. Also ohne Lücke.
Gleich, ganz, gern.
PS:
Das hebräische Wort mijad, ich werde es wohl nicht mehr vergessen.
Ein Kommentar zu „Von Josef träumen lernen“