Zum Gebundenen gemacht

So 11.12.2022 3. Advent

Mt 11:2-11 Johannes Anfrage an Jesus aus dem Gefängnis heraus.

Johannes, der Täufer, ist im Gefängnis. Wörtlich:

δεσμωτήριον‭ desmo-térion ‭Gefängnis‭;

‭‭Von ‭δεσμόω‭ ‭desmo „zum Gebundenen machen“.‭ Von: ‭ ‭δέω‭ déo ‭binden‭; (w. der Ort der zu Gebundenen gemachten)‭.

Eigentlich war Johannes schon immer ein Gebundener. Ein gebundener des Herrn mit Haut und Haaren. Aber, als er am Jordan taufte, konnte er Jesus als den Christus erkennen. Er konnte sogar erkennen, dass der Christus das Lamm Gottes ist. Also das Opferlamm.

Der Weg der Nachfolge Christi führt in die dunkle Nacht. Vielfach bezeugt und beschrieben, besonders von Johannes vom Kreuz.

Wie mir inzwischen sicher erscheint, ein unvermeidbarer Weg. Auch David beschreibt ihn im Psalm 23.

Es wird von zwei Nächten berichtet. Die dunkle Nacht der Seele, und die dunkle Nacht des Geistes.

Johannes weiß nicht mehr, was er schon wusste, nämlich, wer Jesus ist. Obwohl er von den Werken Christi hörte. Und es scheint, als wenn Jesus ihm wenig hilft, indem Er ihm wiederum nur von Seinen Werken berichtet.

Heiligung geschieht durch Feuer hindurch. Heiligung geschieht durch die dunklen Nächte hindurch. Wie in einem Labyrinth weiß ich oft nicht, ob ich vorwärts komme, oder ob es rückwärts geht. Aber Achtung: es ist kein Irrgarten, es ist ein Labyrinth.

Wenn ich es richtig einschätze, kenne ich etwas von der Nacht der Seele. Aber nicht von der Nacht des Geistes, noch nicht. Und ich gestehe, ich fürchte mich davor – aber meine Furcht hat nicht das letzte Wort.

Der Weg des Johannes sieht wie ein Weg des Scheiterns aus. Vom Bußprediger in der Wüste, der den Messias tauft, der sich selbst als Wegbereiter erkennt, hin zum ganz Gebundenen. Und die Vorsehung Gottes befreit ihn nicht, so wie Petrus befreit wurde, sondern bringt ihn unter das Schwert.

Aber: Als in der Welt Gescheiterter steht er auf dem Berg der Verklärung in Gestalt von Elia neben Jesus. Und er spricht mit dem Lamm Gottes über dessen Opferung. Wer, außer Johannes, könnte mit Jesus besser über diesen Weg des Opfers sprechen.

Mose, der andere auf dem Berg, hat das gelobte Land auch nur gesehen, aber nicht betreten.

Welch eine Gnade. Gott erlaubte Mensch Vorläufer des Menschensohnes zu sein. Vorläufer des Messias.

Auch wir haben die Wahl zwischen den Freuden der Welt und den Freuden des Himmels. Die Freuden der Welt liegen näher und glänzen sehr. Die Welt ruft laut.

Die Freuden des Himmels verbergen sich hinter der dunklen Nacht. Und ihr Ruf ist ein flüstern.

Ich habe die Wahl. Die Gnade Gottes ist keine billige Gnade, wie Bonhoeffer es deutlich macht. Bonhoeffer sagt klar: Die Gnade Gottes kostet uns etwas, sie kostet uns unser Leben – immer. Auch Bonhoeffer hat es mit seinem Leben bezeugt.

Bonhoeffer berichtet ein wenig aus der dunklen Nacht. Ich verlinke sein Gedicht „Wer bin ich?“

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