Von Trauer überwältigt

Fr 03.02.2023

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Mk 6:14-29 Herodes und Johannes

26 „Der König (Herodes) war betrübt; …“ 
περίλυπος‭ perí-lypos ‭sehr betrübt‭. Aus ‭‭ ‭περί‭ perí ‭über‭ (perf.) +‭‭ ‭λύπη‭ lýpe ‭Trauer‭;‭

‭‭Von Trauer „übermannt“ werden, sodass man sterben möchte.‭ (Strong Lexikon).

Ein großer Mann ist nicht anders als wir, als ich es bin. Seine Taten wirken sich sichtbar aus – aber die unsichtbare Welt erkennt unsere Taten als gleichwertig. Wir sind nicht besser, weil wir kleiner sind oder weil wir vor manchen Folgen unseres Herzens äußerlich bewahrt wurden.

Von den Schandtaten des Herodes trennt mich nur ein Hauch, ein Blatt Papier. Ich erkenne es, je näher ich zu Jesus komme, mehr und mehr.

Herodes wußte, was er an Johannes hatte. Er war Zeuge seines Gewissens. Und Herodes war dem Reich Gottes näher als manch einer von uns, wie Vers 20 zeigt:

Er fürchtete Johannes – die erste Grundbedingung des Glaubens. Gottesfurcht.

Er behütet ihn, wie einen Schatz. Ja, es steht wirklich bewahren, behüten dort.

Er hörte auf ihn in Vielem! Gehorsam – welch eine Tugend. Wer kann das von sich sagen?

Er hörte ihn gern. hedéos, Genuss, Vergnügen.

Wunderbar. Wer will mehr erwarten?

(Übrigens: Die Schlachterübersetzung trifft es wohl am genauesten).

Als Herodes merkte, wie die eine Schuld, die wesentliche, ihn eingeholt hatte, wurde er von Trauer überwältigt. Die Seele erschlägt den Geist. Er erkennt es sofort, denn er weiß, wer Johannes für ihn ist. So geschieht es am Ende trotz allem.

Ist es nicht so? Wir möchten Gott alles geben – aber das eine nicht. Nicht den Gehorsam, der mich mein Leben kostet. Ich beruhige Gott (genauer: Mein Herz) mit vielem Guten, das ich tue. Damit Gott nicht das Eine verlangt – von dem ich weiß, es gehört ihm (Herodias gehört nicht Herodes). Die Frau des Anderen ist der andere Gott. Denn in diesem Akt drücke ich meine zentrale Autonomie aus. Die Schlange erhebt ihr Haupt.

Alles darf ich essen im Paradies – nur das Eine nicht. Darum ist das Eine der andere Gott – ich selbst.

In Wahrheit bin ich dann doch nicht mein Gott, sondern „der Tanz der Tochter“ ist mein Gott. Mein einziger Akt der Freiheit war nur die Wahl des anderen Gottes.

Gott fragt nach meinem Gott. Dem Selbst zu sterben, ist keine Option für Märthyrer – sondern darunter macht Gott es nicht.

Schließlich ist auch Er für uns gestorben.

Gründe, das „Fest des Lebens“ zu feiern, gibt es immer. Der Eine liebt es, sein Gewissen mit Lärm zu betäuben, der andere mit einer Frömmigkeit, die vieles tut – bis auf das Eine. Manche tun beides (Herodes). Er meinte nur die Hälfte seines Reiches zu verschenken – so etwas gibt es aber nicht. Die Schlange nimmt ihm die Hälfte, in der sein Herz und sein Leben ist – das Gewissen.

Herodes sieht die, die am Tisch sitzen und sieht ihren Blick auf sich. Seine Ehre bei jenen ist ihm die größere „Hälfte“ seines Königreiches.

Keine meiner Taten, auch ihre Summe nicht, sind genug für Gott. Er will mein Leben. Und das heißt: Den Gehorsam an der Stelle, wo ich mich am meisten vor Ihm verberge.

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2 Kommentare zu „Von Trauer überwältigt

  1. Einen Gruß in die Leser*innen Runde,
    Gottesfurcht? Ist es wirklich Furcht, Angst? Jemand hat mal den Ausdruck „Gottseligkeit“ ins Spiel gebracht. Sonst gelangen wir doch zur Urzeitlichen Pädagogik zurück, sei brav, oder du wirst geprügelt und ins Feuer geworfen. Brav sein, ohne Herz und Sinn mitzunehmen gehorchen. Der Gehorsam, den wir brauchen, ist ein reflektierter, mit Demut, frei!

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    1. Lieber moebius97,
      danke für den Kommentar.
      Nicht immer ist ein Fortschritt der Zeit mit einem Fortschritt in der Sache oder gar der Wahrheit verbunden. Die Vermutung, man könne alles Frühere hinter sich lassen ist verlockend – damit sind wir dann automatisch schlauer als die Vorväter. Ich denke, dass wir allzumal auf den Schultern unser Väter stehen.
      Es gilt das Alte zu erfassen um es für sich wirksam werden zu lassen und dann zu schauen, ob das Neue besser ist.
      Die Menschen haben heute kaum noch Gottesfurcht – dafür aber Angst vor sehr vielem. Vor Corona oder vor einer Impfung oder vor Waffenlieferungen oder keine Waffen zu liefern oder political Un-correctness oder vor dem Klima …
      Früher hörte ich, wer Gott fürchtet braucht sonst nichts zu fürchten.

      Es ist nicht das Endziel des Glaubens, aber der normale Anfang.
      Es gibt viele weitere Gründe und der Begriff „Frucht Gottes“ ist ein zentraler Begriff der Bibel, den ich hier nicht zu zerbrechlich belegen möchte.

      Ich denke es ist ein sowohl als auch. Gott nur zu fürchten führt in die Irre, da stimme ich zu. Aber Gott in seiner brennenden Heiligkeit in tiefer Ehrfurcht zu begegnen – um dann auf Seine Hand zu warten die mich aufhebt. Das ist mir nahe.
      In meinem Text „Frommer Schutzraum“ berühre ich einen Aspekt dazu (07.02.2023).
      Nicht erschöpfend – mehr haben wir besprochen 😉

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