Was ist denn „die Perle“?

So 30.07.2023

Mt 13:44-52 Reich Gottes Gleichnisse

Der Hl. Bonaventura (Franziskaner, Kirchenlehrer 1221–1274) deutet die Perle, für die man alles verkauft, als die Armut. Um die Armut zu erlangen, muss man alles verkaufen. Eine bestechende Logik. Siehe die besonders wertvolle Perle.

Ich deute die Perle weiter klassisch – als Jesus Christus.

Aber was bedeutet „Nichts, außer Jesus“?

Ist Armut die beste Beschreibung?

Das ständige Denken an Jesus hat auch Gefahren.

Ich sehe die Gefahr der religiösen Schwärmerei.

Was also zeigt sich mir?

Die Leiter

Zunächst sehe ich eine Leiter. Ihre Sprossen sind: Das vertraut werden mit der Sprache Gottes. Die Priorität im Leben. Die unbedingte Treue.

Dann der Gehorsam zu dem Gehörten. Das schauen auf den Blick Gottes.

Jesus

Nun aber: Jesus

Ich erinnere mich an die Zeit in der Krisenintervention. Nachdem die Alarmierung erfolgt war, gehörte ich mir nicht mehr selbst, sondern ganz der Aufgabe. Ganz dem betroffenen Menschen. Begriffe wie Zeit, Hunger oder Müdigkeit verschwanden fast vollständig. Es war „leicht“, das Schwere zu tun.

Mir scheint, das war Vorgeschmack.

Von gestern (Martha und Lazarus) bewegt mich noch: Wie sehr liebe ich denn die, die Jesus liebt?

Wie kann ich in der Welt sein, wie Martha für Lazarus.

Sie ist ja das Gegenbild des reichen Mannes, vor dessen Tür der andere Lazarus lag, in seiner Armut und seinem Hunger.

Viele Christen denken zunächst und zumeist an das „Errettet werden“ derer, die sie gernhaben. Wenn sie nun errettet sind – zu was sind sie errettet?

Wer ist der Mensch

Was oder wer ist der Mensch, wenn er gerettet ist? Was ist er dem Wesen nach? Also: Was will ich für ihn, für mein Gegenüber (außer seiner Rettung)?

Ich habe das an anderer Stelle beschrieben, nenne es nur kurz:

a) Der Mensch ist Person.

Das heißt, ich will ihn so respektvoll anschauen, wie Jesus es tut. Jesus akzeptiert, dass „Fische schlecht sind“ (das dritte Gleichnis von heute). Das hat nichts mit Aufgeben oder Distanz zu tun – aber alles mit Respekt und Aushalten des Leides, das der Andere sich selbst antut.

b) Der Mensch als bezogenes Wesen.

Was hindert Beziehung? Meine Selbstsorge vor allem. Dann meine Ungeduld und die Gefahr der Respektlosigkeit im tiefen Sinn. Das heißt zum Beispiel zu meinen, ich würde ihn wirklich verstehen.

Lüge in Form von Über- und Untertreibung verhindert Kontakt.

c) Der Mensch ist zur Frucht

So begleite ich ihn zur Frucht.

Neu scheint mir der Impuls: Die Frucht ist zumeist die Aufgabe des Menschen, die Welt mit Gott zu versöhnen. Die Welt ist dabei mehr als der Andere.

Wir Menschen haben die Tiere benannt – und sind damit ihre Herren im Sinne Jesu (dienende Herren).

Es geht jedoch nicht darum, die Welt als Welt zu retten. Sondern als zu Gott bezogene Welt. Das hat z. B. auch eine Bedeutung über die Tiere hinaus. Für Gestaltung, Ordnung, Schönheit, Kunst.

Meine konkrete Aufgabe

Zu a) Kaum jemand nimmt sich selbst ernst.

Den Menschen geht es oft um unfassbar Vorläufiges. Sie verschleudern ihr Leben für Sicherheit und Genuss. Sie deuten ihr Leben oft als ein fremdbestimmtes und leugnen ihre Verantwortung.

Zu b) Einsamkeit

Aus der Seelsorge weiß ich von der abgrundtiefen Einsamkeit praktisch aller Menschen. Zumeist ist das ihr eigentliches Problem.

Wenn ich anfange, dies zu spüren, berührt mich ein kaum erträglicher Schmerz. Und dann fürchte ich, ich bin zu wenig bereit, diesen Schmerz in seiner Abgründigkeit genügend mitzutragen.

Zu c) Gewucher

Viel Kraft des Menschen geht nicht in die Frucht, sondern in das „Holz“, ist Wucher, „Wassertriebe“, wie der Gärtner sagt.

Wir brauchen Beschneidung und Begegnung. Denn Frucht ist nie aus einer Person heraus, sondern immer in Begegnung.

Zusammenfassung

Nichts als Jesus heißt in der Praxis: So in der Welt leben, dass in mir Jesus in der Welt lebt. Auf dem Weg dorthin gibt es „Jesus für mich“ – aber nur als Bewässerung. Das Ziel ist immer, Ihm ähnlich zu werden und den Anderen als Perle zu erkennen.

So ist die Perle zugleich Jesus – und „Lazarus“.

2 Kommentare zu „Was ist denn „die Perle“?

  1. Du sprichst die abgrundtiefe Einsamkeit des Menschen an. Ich fühle mit dir diesen unerträglichen Schmerz. Auch Hilflosigkeit. Und fühle mich oft gerade mit diesem Empfinden einsam.

    Lieber noch wenden sich ausgerechnet Glaubende in ihrer Einsamkeit alleinig zu Jesus/Gott, als dass sie sich jemandem anvertrauen und ins Gespräch kommen. Mich dünkt es, dass «sich nur noch an Gott wenden» bereits aus einer grossen Verletzung heraus geschieht. Da kommt dann auch das Thema Vergebung mit ins Spiel.
    Menschen fällt es schwer, sich mit Menschen zu versöhnen. (Ich rede jetzt von alltäglichen Dingen) Lieber vergeben sie alles im Namen Jesus und gut ist. Oftmals weiss der Betroffene nicht einmal was davon. Nicht von der Verletzung und schon gar nichts von der Vergebung. Das Resultat – Totenstille zwischen den Menschen. Und die Einsamkeit wächst.
    Liebe Grüsse
    Brig

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    1. Danke.
      So ist es.
      Sich an Jesus zu wenden (viele haben nur einen anonymen Gott) könnte ein Einstieg in Vertrauen werden – es sollte kein Ausstieg sein. Kein „nur noch“. Den Himmel allein mit Gott? – dann ist es nicht der Himmel.
      Ich grüße Dich in Verbundenheit
      Andreas

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