Was ist „normal“?

Mo 08.07.2024

Mt 9:18-24 Jesus und die beiden Frauen.

Es ist erneut die Geschichte vom 30.06.2024

Nur das eine wollen

Welcher Aspekt ist heute wichtig?

Schande

Die Frau darf Jesus nicht berühren. Schon als Frau nicht, nicht heimlich und garnicht als „unreine“ Frau.

Der Vorsteher macht sich lächerlich. Die Trauergäste lachen Jesus und ihn aus, denn das Kind ist offensichtlich tot. Er aber drängt die Flötenspieler und Menge der klagenden Leute hinaus. Lächerlich und eine Schande für die Kultur des Todes.

Das „Graugeflimmer“ der zivilisierten Menschheit

Ich erinnere mich lebhaft an dieses Wort aus dem Buch: „Die acht Todsünden der zivilisierten Gesellschaft“ von Konrad Lorenz aus dem Jahre 1973. Siehe auch die Zusammenfassung bei Wikipedia.

Die Möglichkeit alle starken Eindrücke und Schmerzen von sich fernzuhalten verhindert auch ein starkes Wollen, tiefe Freude und großen Einsatz.

Kann und will ich etwas wagen, das mit Schmerz und Leid verbunden sein kann? Oder gar mit dem „sozialen Tod“, dem Verlust von „likes“, also mit Peinlichkeit und Schande? Vom Sterben des Leibes rede ich garnicht.

Was geht es mich an

Am Sonntag habe ich zweimal erlebt, dass mich etwas fassungslos gemacht hat. So sehr, dass ich heute Nacht lange wach lag (ich habe sonst einen guten Schlaf). Kein Gedankenkarusell, sondern die bleierne Last im Leben der Freunde hält mich wach.

Es geht um die geistige Existenz von Menschen, die mir anvertraut sind. Es geht mich alles an – auch wenn ich nichts tun kann. Ich spüre die Dunkelheit physisch auf mir – und nehme es an.

Ich will nicht davon abhängig sein, dass es mir gut geht. Das Leben ist lebensgefährlich. Aber es ist es wert, mein Leben dafür einzusetzen.

Gefährlich

Aus den Irrungen großer Leidenschaften erwächst eine Skepsis dagegen. Wie schnell ist jemand radikal positioniert, erregt sich und zürnt über die Maßen.

Aber das Gegenteil von etwas falschem ist nicht automatisch das richtige – zumeist ist es ebenso falsch.

Jede Leidenschaft hat das Potenzial zu gutem oder zu schlechtem. Sicher ist nur, dass ein gleichgültiges Leben auf der schiefen Ebene zur Nichtung hinuntergleitet.

Die Leidenschaft ist ein Wesenszug, den wir vom Schöpfer haben. Voller Leidenschaft kämpft der Gott Israels um die Herzen Seines Volkes. Voll Leiden ist auch der Weg Jesu.

Es kommt darauf an, wofür!

Das dämpfen der Leidenschaft führt zu eruptiven Ausbrüchen an Stellen, die nicht mehr zu beherrschen sind.

Gesellschaft

Das gilt auch für die Gesellschaft.

Gibt es heute kaum Leidenschaft für Wahrheit und für das Leben, so kehrt es sich in eine Leidenschaft für Unterdrückung und den Tod.

Unter dem Decknamen eines „für“ wird in der Form der Zerstörung eine Kultur der Leidenschaft gelebt. Denn das Gute und Rechte bot keinen Raum für eine Leidenschaft des Lebens.

Der Blick auf diese Verkehrung ist mir ein Zeichen für das „Graugeflimmer“ von mir, meiner Kirche, meiner Kultur. Es ist weniger „das Böse“, sondern der Mangel des Guten. Wo kein Weizen ist, wuchert das Unkraut.

Basis

Leidenschaft ist nicht das Erste.

Das Erste ist Ordnung, Demut, Gehorsam, Kultus in Christus.

Aus einer Unordnung kommt keine rechte Leidenschaft.

Aber eine Ordnung bereitet den Raum für das volle Leben.

Die Beschneidung dient nicht dem Beschnitten-sein – sondern der Fülle des neuen Wachstums.

Wer sein Leben bewahren will, der wird es verlieren.

Das heiß garnicht, dass es verschleudert werden soll.

Gott ist ein Gott des Lebens – nicht des Todes.

Diese Andacht ist keine Auslegung des Textes, wie leicht erkennbar ist.

Der Text ist aber eine Anregung zu meinem Erleben der Welt.

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