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So 02.03.2025

Lk 6:39-45. Vom Splitter im Auge und vom Baum und seinen Früchten

Der Text

Kann ein Blinder einen Blinden führen? Kann ich den Splitter aus dem Auge des Bruders entfernen, mit einem Balken in dem meinen?

Aber auch: Ein Jünger, wenn er vollkommen ist, so ist er wie der Meister.

Dann: Ein Baum wird an seinen Früchten erkannt. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor – ein böser Böses. Denn wes des Herz voll ist, des geht der Mund über.

Unmöglich

Kann denn ein Blinder sehend werden? Kann denn ein schlechter Baum ein guter Baum werden? Warum soll ich das hören, wenn es nur eine Vorfindlichkeit beschreibt? Wie soll ich denn den Balken in meinem Augen loswerden – denn ich sehe ihn vor lauter Holz nicht.

Ein Problem kann nicht mit derselben Denkweise gelöst werden, durch die es entstanden ist (Einstein. Siehe 18.02.2025).

Die Denkweise scheint mir zu sein: Ich kenne mich, ich glaube, sehen zu können. Ich kann gute Frucht bringen, wenn ich mich anstrenge.

Überhaupt: Ich kann mir vertrauen, ich kenne meine Fehler und meine Stärken. Ich beurteile – und lasse mich nicht beurteilen.

Was soll ich nun tun?

Stehe ich vor Dir, frage ich: Kann ich mich Deinem Urteil überlassen? Vertraue ich Dir so, dass Du mir Dinge sagen kannst, die ich nicht sehe und nicht sehen will?

Akzeptiere ich Dein Urteil über mich: Du bist blind, lieber Andreas. In vielen Dingen mehr als Blind: Du glaubst dem Konstrukt Deiner Gedanken – eigentlich sogar: Deines harten Herzens.

Die Lösung steht schon in dem Vers 46, der dazu gehört:

„Was nennt ihr mich aber Herr, Herr, und tut nicht, was ich euch sage?

Beispiel Politik

Früher hatte ich zu vielem eine Meinung und saß sogar für eine Partei im Rathaus meiner Heimatgemeinde.

Und auch heute kenne ich die Versuchung, eine Meinung zu Dingen zu haben, die ich meine, beurteilen zu können.

Kann ich den Ukraine-Krieg beurteilen? Kann ich die Parteien beurteilen? Kann ich unsere Politik beurteilen?

Ich höre von Dir, Herr Jesus: Lass es, ich habe dir dazu keine Weisheit und keinen Auftrag gegeben.

Bleibe bei dem, in dem ich zu dir rede (Schwangerschaftsabbruch und Israel). Frage nicht nach deinem Herzen – frage nach meinem Herzen. Frage nach meinem Wort.

Es ist ein einfaches Beispiel.

Denn viel schwerer ist es dort, wo es mich persönlich betrifft.

Wo ich Herr über mich selbst sein will und an manchen Stellen auch Herr über die Situation, gar punktuell über den anderen (in einer Diskussion evtl.).

Wo ich meine, eine Ungerechtigkeit erkennen zu können.

Oder wo ich um mich kämpfe.

Es ist möglich – nur mir nicht

Andersherum gesagt: Ich kann mich nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Ich kann mich nicht sehend machen und ich kann keinen guten Baum aus mir machen.

Aber Du.

In dem Maße, indem ich akzeptiere, dass ich „blind, nackt und bloß“ bin (Offenbarung 3:17).

Und das ist nicht bequem. Dafür gibt es keinen Fahrstuhl. Ich muss mich nicht „einfach nur“ loslassen und alles Dir überlassen.

Sondern nach einer Zeit des mit Dir vertraut Werdens geht es darum, Dir in die Augen zu schauen und meine verkrampfte Hand zu öffnen. Dir zu erlauben, mir alles zu sagen – mit all dem Lösungsschmerz, den das mit sich bringt.

Mir alles zu nehmen, was ich festhalte. An Ansichten über mich und die Welt. An sicheren Orten meiner Gedankenkonstrukte.

Vertraue ich meiner Liebe zu mir selbst mehr als Deiner?

Du stehst an der Seite und wartest.

Selbst mich hinzugeben ist zu viel – aber ich erlaube Dir, mich zu nehmen.

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